Fangen wir mal humanbiologisch an und vertiefen das ganze dann physikalisch:
Tiere lassen sich grob in Raub- und Beutetiere einteilen. Diese haben jeweils andere Wahrnehmungen der Umwelt.
Bei Raubtieren, und der Mensch zählt dazu, sind die zur Jagd benutzten Sinnesorgane nach vorne ausgerichtet um den exakten Standort der Beute zu ermitteln, während bei Beutetieren eine Erfassung der kompletten Umwelt erstrebenswert ist.
Besonders gut kann man den Unterschied bei Vögeln sehen:
Eine Eule (Raubvogel) hat beide Augen nach vorne ausgerichtet, eine Amsel dagegen hat die Augen seitlich am Kopf.
Bei Schlangen sind die beiden Sensoren zur Jagd noch enger beieinander (Molekülsensoren in den Spitzen der gespaltenen Zunge).
Extremen Rundblick haben z.B. Chamäleon, mit einer Abdeckung von über 340°.
Die Erfassung des größtmöglichen Bereiches hat aber den Nachteil, dass dadurch kein Raumbild entsteht, was dem Beutetier aber egal ist, da es ja nur wissen will, dass eine mögliche Gefahr lauert und es sich verstecken oder fliehen muss.
Die Erfassung eines kleinen Bereiches, aber dafür mit definierten Abständen der Sensoren schränkt zwar das Sichtfeld ein, man empfängt die Umwelt aber räumlich.
So, zurück zu den Menschen. Diese nutzen zur Jagd zwei Quellen. Die Augen und die Ohren.
Beide sind nach vorne ausgerichtet - gut, die Ohrlöcher sind zwar seitlich angebracht, aber die Ohrmuscheln sorgen für Ausrichtung nach vorne.
Beide Quellen für den Empfang sind Wellen, einmal Lichtwellen, einmal Schallwellen.
Zur genauen Ortung der Quellen werden immer mindestens zwei Empfänger benötigt.
Da sich die Augen selbst im Kopf bewegen lassen, und das Gehirn die genaue Stellung kennt, funktioniert das räumliche Sehen auch noch relativ gut, wenn ein Auge ausfällt.
Deine Ohrmuscheln sind aber fest (ja, manche Menschen können damit wackeln, aber sie bestimmt nicht drehen ).
So weit so gut, nun ein bisschen Physik.
Wir betrachten das ganze mal in einer Ebene. Eine Welle wird von einem punktförmigen Sender kreisförmig abgestrahlt (Rundstrahler), wenn sie nicht gebündelt wird (wie bei einer Taschenlampe, deinem Mund, usw.). Darauf, dass ein Haus ja keine Lichtquelle ist, sondern Licht nur reflektiert, wollen wir jetzt nicht eingehen, da wir uns jetzt ja nicht für Optik, sondern Akustik interessieren.
OK, ist eine Schallquelle genau vor dir, so kommt die Welle am linken und am rechten Ohr zur gleichen Zeit an. Dein Gehirn weiß also, dass die Quelle den gleichen Abstand zum rechten und zum linken Ohr hat, also auf dem Lot zur Strecke vom linken zum rechten Ohr durch deren Mittelpunkt liegen muss.
Ist die Quelle weiter links, so kommt das Signal am rechten Ohr später an, oder je nach Winkel gar nicht.
So kannst du die Richtung der Quelle sehr genau orten, falls sie sich vor dir befindet.
Hinten funktioniert das nur sehr eingeschränkt, da - wie schon erwähnt - die Ohrmuscheln nach vorne ausgerichtet sind.
Das kannst du auch an den Reflexen bei Wahrnehmung eines Geräusches erkennen, wenn du nachts durch den Park gehst.
Hörst du eine Maus im Feld vor dir, richtet sich dein maximal dein Kopf sofort zur richtigen Stelle aus. Ist das Geräusch hinter dir, muss sich erst der ganze Körper ausrichten (du drehst dich um) und die Umwelt neu "scannen".
Oder es wird sofort ein Fluchtreflex ausgelöst, da der Mensch hinten im Sinne der Umweltwahrnehmung ein Beutetier ist und dort nur die Existenz einer Quelle, aber nicht deren Standort interessant ist.
Nun zur Musik:
Stehen vor dir 2 Lautsprecher, und zwar so, dass die Lautsprecher und du ein gleichschenkliges (im Idealfall gleichseitiges) Dreieck bilden, und kommt aus den beiden Lautsprechern exakt das gleiche Signal zum gleichen Zeitpunkt, so kommt dieses an deinen Ohren zur gleichen Zeit an und dein Gehirn wird eine Schallquelle genau vor dir identifizieren.
Wird nun das gleiche Signal rechts etwas später gesendet, verschiebt sich die Pseudoquelle nach links, da dein Gehirn ja das gleiche Signal früher am linken Ohr wahrnimmt.
Analog funktioniert dies auch mit den Amplituden der Wellen (Lautstärke).
Gehen wir nun ins Tonstudio und schauen uns mal an, was passiert, wenn eine Band ein Lied aufnimmt.
Eine gute Band spielt zusammen im Studio.
Zur Aufnahme werden mehrere Mikrofone benutzt.
Die Signale der Mikrofone werden auf 2 Kanälen gespeichert.
Diese Kanäle enthalten also ein überlagertes Signal, das sich für die beiden Kanäle für ein Instrument in Laufzeit und Lautstärke unterscheidet.
Wird diese Aufnahme dann über die 2 Lautsprecher ausgegeben, so filtert dein Gehirn verschiedene Schallquellen (die Instrumente und Stimmen) aus dem "Mix" der Signal heraus.
Durch die unterschiedlichen Laufzeiten und Lautstärken (die schon bei der Aufnahme entstanden sind) des jeweiligen Instruments auf den beiden Kanälen, wird dein Gehirn also das eine Instrument in der Mitte positionieren, das andere weiter links, das andere weiter rechts, usw.
Es baut sich also eine Bühne vor dir auf, die im Idealfall die Positionen der Musiker bei der Aufnahme im Studio wiederspiegelt.
Das ganze sollte also so klingen, als ob du selbst mittig vor der Band stehst und zuhörst.
Auf einem Konzert, bei dem Lautsprecher genutzt werden, funktioniert dies auch genau so.
Die Signale der Instrument werden von Mikrofonen erfasst, verstärkt, und wieder auf 2 Quellen (jeweils ein Boxenturm links und rechts der Bühne) ausgegeben.
Haben die Tontechniker gut Arbeit geleistet, so entspricht dann beim Zuhören die virtuelle Position der Schallquelle der Position des jew. Musikers, die du visuell wahrnimmst.
Hast du nun die gleichen Stereosignale nun nochmals zur gleichen Zeit hinter dir, so kann dein Gehirn die Instrumente nicht mehr räumlich zuordnen und du denkst, du steht in den Instrument, und zwar in allen gleichzeitig. Und das hört sich nicht gerade berauschend an.
Selbst Musik, die komplett synthetisch hergestellt wird, wird nur in 2 Kanälen gespeichert und Effekt wie sich durch den Raum bewegende Klangquellen würden dadurch verloren gehen.
Nur bei speziellen Aufnahmen machen mehr als 2 Lautsprecher Sinn, was z.B. bei Filmen genutzt wird, wo es ja gewünscht ist, dir vorzugaukeln, dass du wirklich mitten im Geschehen bist und den Film dadurch besser erleben kannst.
Ein anderes Beispiel wären besondere Installationen, z.B. der Klanggarten, den der Vater eines Freundes von mir komponiert und zu speziellen Anlässen, z.B. zu Landesgartenschauen installiert.
Eine weitere Ausnahme sind Frequenzen unter 120Hz. Diese kann das Gehirn nur schwer orten, unter 80Hz gar nicht mehr.
Das liegt daran, dass der Abstand der Ohren geringer ist als die halbe Wellenlänge des Signals und somit zu den verschiedenen Zeitpunkten des Eintreffens an den Ohren keine Amplitudenänderung wahrnehmbar ist.
Deshalb darfst du deinen Subwoofer auch in den Kofferraum stellen, wobei du die Trennfrequenz nie höher als 80Hz wählen solltest.
Natürlich musste ich einiges Dinge verallgemeinern oder weglassen (z.B. Interferenzen, stehende Wellen), was meine Erläuterungen aber nicht falsch macht!
Die Quintessenz des Ganzen ist also, dass das Auto also akustischer Raum wegen Reflexionen, usw. sowieso schon mehr schlecht als recht ist und man dies nicht auch noch durch Lautsprecher im Rücken vollends zerstören sollte!
Gruß,
Schwinni